Die Erweiterung der Kontenabfrage für Ämter und Gerichtsvollzieher hat nun Zahlen produziert, die zeigen, wie oft auf diese Maßnahme zurückgegriffen wird. Waren es 2010 56.696 Abfragen, belegt die Statistik 692.166 Fälle im Jahr 2017. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht diese Entwicklung kritisch.
Wann und warum kam es zu den Kontenabfragen durch die Ämter?
Für einen solchen Eingriff entgegen dem gewohnheitsrechtlichen Bankgeheimnis gibt es eine Gesetzesgrundlage. Im Rahmen finanzbezogener Ermittlungen wie Steuerprüfung oder der Arbeit eines Gerichtsvollziehers sind Kontenabfragen durch Ämter gerechtfertigt. 2010 wurde die Rechtslage dazu das letzte Mal angepasst. Seitdem können auch Gerichtsvollzieher Einsicht in die Finanzdaten beantragen.
Dabei wird nicht allen Kontenabfragen durch Ämter, Behörden und Gerichtsvollzieher stattgegeben. Auch die Banken prüfen, ob die Einsichtnahme gerechtfertigt ist, um ihre Kunden und ihren Ruf zu schützen. Bedenklich ist die Entwicklung der Zahlen trotzdem, bemerkte Andrea Voßhoff.
Allein im ersten Halbjahr 2018 seien bereits beinahe 400.000 Anfragen beim Bundeszentralamt für Steuern eingegangen, was die Menge an Kontenabfragen durch Ämter und Gerichtsvollzieher um über ein Drittel (38%) steigert. Zu beachten bleibt dabei, dass beinahe jedes dritte Ersuchen abgelehnt werden musste. Auch diese Entwicklung ist in den Augen der Datenschützer kritisch zu sehen.
Was bedeutet die hohe Zahl an Anfragen und Ablehnungen?
Die Kontenabfragen durch Ämter und Gerichtsvollzieher sind ein nützliches Mittel, um Sachverhalte wie Sozialmissbrauch, Steuerhinterziehung oder Schuldenflucht einzudämmen. Aber es ist auch ein Eingriff in den höchst privaten Bereich der eigenen Finanzen. Bei einer steigenden Anzahl der Kontenabfragen durch Ämter und Gerichtsvollzieher steigt auch die Fehleranfälligkeit.
Dieser empfindliche Prozess kann, wenn er den Falschen trifft, ein finanzielles Desaster für den Betroffenen bedeuten. Die Datenschutzbeauftrage des Bundes Voßhoff forderte deswegen, dass der Gesetzgeber prüft, ob so weitreichende Befugnisse wirklich notwendig sind.
Kurz und knapp zusammengefasst
Der rasante Anstieg der Kontenabfragen durch Ämter und Gerichtsvollzieher besorgt die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff. Ein leichtfertiger Umgang mit den empfindlichen Daten kann den Verlust von Privatsphäre bedeuten. Auch die Wahrscheinlichkeit für Fehler steigt, die potenziell mit üblen Konsequenzen für die Betroffenen verbunden sind.
Die Anfragen durch die Gerichtsvollzieher wurden erst ermöglicht durch das „Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung“, das am 01.01.2013 in Kraft getreten ist.
Nach gewissen Anlaufschwierigkeiten werden die Auskunftsmöglichkeiten inzwischen weitgehend genutzt. Der „Anstieg“ hat daher eine normale Erklärung.
Abfragen nach Konten durch den Gerichtsvollzieher werden dann veranlasst, wenn ein Schuldner gegen den ein bereits ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Zahlungstitel durch ein Gericht erlassen wurde, nicht zum Termin zur freiwilligen Abgabe der Vermögensauskunft erscheint, § 802l ZPO. Somit liegt es vorab in der Hand des Schuldners ob der Gerichtsvollzieher im Auftrag des Gläubigers die Drittauskünfte bei der Bank einholt oder nicht. Wozu die Aufregung? Gibt es auch eine Statistik darüber, wieviele Gläubiger seit Reform der Sachaufklärung durch die Einholung von Auskünften beim Bundeszentralamt für Steuern durch Kontopfändung befriedigt wurden? Oder steht das Datenschutzinteresse des Schuldners über dem Vollstreckungsinteresse und der Rechtssicherheit des Gläubigers an einer funktionierenden Zwangsvollstreckung in einem Rechtsstaat?
Hallo John,
statistische Daten hierzu sind uns nicht bekannt.
Die Redaktion von Datenschutz.org